Freitag, 13. September 2013

375 Tage Peru...

 
Jetzt erzähl mal! Mit dieser Aufforderung wurde ich des öfteren begrüßt.
Aber, wo soll ich denn da anfangen? Bei meiner Ankunft; den ersten Momenten in den Projekten die so weit weg vorkommen, aber doch noch so real sind; beim ersten Schwimmunterricht; beim ersten Mal alleine Busfahren; beim ersten Mal, als ich jemandem den Weg erklären konnte; beim ersten Tag an der Schule in La Mansión; bei einem der vielen Male, als ich im Unterricht an die Grenze meiner Geduld gestoßen bin; beim ersten Mal, als ich im Comedor beim Kochen helfen durfte; bei meinem wundervollen Geburtstag in Peru, als die Mütter aus dem Comedor mir eine Torte gekauft haben; beim Besuch meiner Eltern; bei meiner ersten heftigen Krankheit; bei den Umarmungen und besitos, die ich jeden Tag von den Kids bekommen habe; bei einer der unzähligen Fiestas; bei einem der wunderschönen Tage unter Freunden; beim Start des Zahnputzprojekts; bei einer meiner wunderschönen Reisen; beim Essen; beim Wetter – wo?
Es war ein Jahr voller Emotionen, positiven und negativen – welche oft sehr nah beieinander lagen. Es war ein intensives Jahr mit schweren Momenten, mit Tränen, mit Frustration aber auch mit wundervollen Momenten, vielen neuen Bekanntschaften, neuen Erfahrungen. Ich habe es keinen Moment bereut, meinen Freiwilligendienst gemacht zu haben und bin dankbar für all die Erfahrungen.

Ein Jahr ist vorbei, ein Jahr an das ich mich immer mit einem Lächeln erinnern werde. Aber es ist nicht wirklich vorbei, es wird immer ein Teil von mir bleiben und ich habe die Schüler und Lehrer in den Schulen, die Kinder und Mütter im Comedor, meine Freunde in Peru, die wunderschöne Stadt Arequipa, das facettenreiche Land Peru, den atemberaubenden Kontinent Südamerika – all das habe ich in mein Herz geschlossen und es wird immer ein Teil von mir bleiben.
Ich möchte mich herzlich bei allen bedanken, die mir dieses Jahr ermöglicht haben und mich das ganze Jahr unterstützt haben.

Danke an den BDKJ, Claim for Dignity und evivo für die Vorbereitung und Begleitung während des Jahres!
Danke an meine Eltern, auf die ich mich wirklich in allen Lebenslagen verlassen kann und die mich immer unterstützen!
Danke an meine Familie, die immer an mich gedacht hat!
Danke an meine Freunde in Deutschland, die mir gezeigt haben, dass Entfernung wahren Freundschaften nichts anhaben kann und die immer für mich da sind!
Danke an alle Spender für die finanzielle Unterstützung!
Danke an alle Menschen in Peru, die ich während des Jahres kennenlernen durfte und die das Jahr so wundervoll gemacht haben!
Danke an Klara und Patricia, die im Moment in Arequipa sind und im Projekt arbeiten. Wenn es euch interessiert, wie es dort weitergeht, schaut doch mal in Patricias Blog: http://patricialenlperu.wordpress.com/ 
Und natürlich: Danke an euch! Danke an alle, die so fleißig meinen Blog gelesen haben (auch wenn manche Einträge eher zu Romanen wurden ;) ).

Ich hoffe, ihr konntet etwas an meinen Erfahrungen teilnehmen. Ich möchte aber auch noch einmal betonen, dass alles, was ich geschrieben habe, eine Beschreibung meiner subjektiven Eindrücke ist.
Zum Schluss möchte ich euch noch ein Zitat mit auf den Weg geben:

"Algunos hombres ven las cosas como son y dicen por qué. Yo, en cambio, veo cosas que todavía no son, y digo, ¿por qué no?" (Robert Kennedy)
[“Manche Menschen sehen die Dinge, wie sie sind und fragen  ‚warum?‘. Ich dagegen sehe die Dinge, die noch nicht sind und frage‚ warum nicht?‘ "]

Damit verabschiede ich mich mit einem lachenden und einem weinenden Auge..
Hasta luego, cuidense mucho, un fuerte abrazo!
Eure Anne

Heiraten die Menschen in Deutschland auch?

„Señorita, wie ist Deutschland? Ist das weit weg? Wie sind die Kinder da? Gibts da Käse? Heiraten die Menschen da auch? Gibts da Haie? Und Löwen? Wie sieht Deutschland aus? Kannst du mal Fotos zeigen?“ 
Das ist nur eine kleine Auswahl der Fragen, die die Kinder mir das ganze Jahr über gestellt haben. Deshalb habe ich beschlossen, zum Ende meiner Arbeit an der Schule in La Mansión eine „Semana Alemana“, also eine deutsche Woche zu veranstalten.

Als dieser Entschluss gefasst war, stand die Planung an. Doch das war gar nicht so einfach. Was erzählt man Kindern über Deutschland? Wie erzähle ich es ihnen?
Während meinen Vorbereitungen kam ich auf die Idee, die deutsche Botschaft anzuschreiben. Vielleicht haben die ja Material oder sonstige Dinge, die mir hilfreich sein könnten, dachte ich. Glücklicherweise bekam ich sofort positive Rückmeldung und keine zwei Wochen später erhielt ich ein Paket mit einer großen Deutschlandkarte, verschiedenen Flyern und Heftchen, Plakaten, einer DVD, Schlüsselanhängern und Büchern.
Dann hieß es: Themen festlegen, Bilder suchen, Präsentation erstellen, …
Während all dieser Vorbereitungen habe ich auch selbst noch ein paar Dinge über Deutschland gelernt. Wusstet ihr zum Beispiel, dass die Farben in der deutschen Flagge laut einer Theorie für Knechtschaft (schwarz) und den darauffolgenden Kampf, in dem Blut (rot) vergossen wurde, um Freiheit (gold) zu erreichen, stehen?! Und bei der Auswahl einiger typischer Gerichte und der Suche nach Fotos habe ich regelmäßig Heißhungerattacken auf deutsches Essen verspürt  - ihr seht, ich hatte Spaß :)
Zum Schluss habe ich noch ein Quiz vorbereitet, welches die Kids nach der Präsentation mit Hilfe meiner Plakate beantworten sollten und dann konnte die „Semana Alemana“ beginnen.

Am Montag meiner letzten Schulwoche bin ich früh an die Schule, um die Schulbibliothek zu „verdeutschen“, und schon wieder war da dieser Heißhunger, als ich die Bilder von Spätzle oder Maultaschen oder einer Schwarzwälder Kirschtorte aufgehängt habe.  :)
 
Plakate - hängen! Deutschlandkarte - hängt!
 
Präsentation - funktioniert! Los gehts :)
 
Und dann gings auch schon los..
 
Zu Anfang bekamen meine Schüler in Kleingruppen eine Weltkarte - sie sollten Deutschland markieren. Da kam es zu wilden Diskussionen und am Ende war Deutschland nie in Deutschland. Die Möglichkeiten gingen von Russland über Afrika, die Vereinigten Staaten, Australien, Südamerika und einmal sogar Europa – aber eben nie in Deutschland. Aber wissen deutsche Grundschulkinder wo Peru liegt?!

Für jede Klasse habe ich dann eine  Präsentation gehalten. Kurz bevor es in der ersten Klasse losging, fiel mir auf, dass ich nie groß darüber nachgedacht habe, was genau ich den Kids zu jeder Folie erkläre. Aber letztendlich habe ich einfach darauf losgeredet und die Kids waren total begeistert.  :) Bei jedem neuen Bild ging ein Raunen durch die Reihen und als Bilder vom deutschen Winter an der Reihe waren, konnte ich die Kids fast nicht wieder beruhigen.
„Señorita, wenn du wiederkommst, bringst du uns dann Schnee mit?“ Nachdem ich erklärt habe, dass der hier zu Wasser werden würde, gab es einige enttäuschte Gesichter. „Dann bringst du uns aber ein Eichhörnchen mit!“ – „Lebendig?“ – „Claro!“

Nach der Präsentation hatten die Kids natürlich noch viiele Fragen und während ein paar das Quiz bearbeitet haben, wollten andere gar nicht von meiner Seite weichen und konnten gar nicht genug von Geschichtchen aus Deutschland bekommen, wollten Deutsch lernen oder einfach noch mehr Bilder sehen...


Beim Lösen des Quiz
"Wo steht denn das nur?"
 


"Hast du da eine Antwort?"



Es war eine intensive und wunderschöne Woche und die begeisterten Gesichter der Kinder haben mich für alle Mühen entlohnt :)

die dritte Klasse sendet Grüße nach Deutschland :)

Ein Wochenendtrip nach Bolivien

Liebe Leserinnen und Leser,
ich habe lange nichts von mir hören lassen - lo siento! Aber in den letzten Wochen meines Freiwilligendienstes war einfach noch so viel los und ich wollte so viel Zeit wie möglich mit den Kindern, den Lehrern, den Müttern, meinen Freunden, etc. verbringen.
Deshalb kommen jetzt mehrere Blogeinträne auf einmal.
Ich hoffe, ihr nehmt euch trotzdem die Zeit, sie zu lesen ;)
Eure Anne


“Viajamos? – Ya pues.. – Adónde vamos? – A Bolivia? – Listo.” (Reisen wir? – Ja, warum nicht? – Wohin? – Bolivien?) Das ist Reiseplanung auf peruanisch. Ohne großen Plan ging es letztes Wochenende also los. Geplante Abfahrt war kurz nach dem Mittagessen, letztendlich waren wir um 17Uhr am Busterminal und hatten Glück. Um 17.15Uhr ging ein Bus nach Puno. Also, Tickets kaufen und los gehts:

Auf nach Bolivieeen :)

Die Fahrt von Arequipa nach Puno dauert ca. 6h, also kamen wir gegen halb 12 in Puno an. Zum Glück hatte ich nach einem Hostel geschaut, in dem wir übernachten konnten. ;)
Am nächsten Morgen gings dann weiter. Der Plan war, heute nach La Paz zu kommen (wenn man es denn einen Plan nennen kann). Also, auf zum Busterminal. Leider gab es erst wieder für den Nachmittag Busse nach La Paz, also kam „Plan B: Kleinbus“ ins Spiel. Etwa 500m vom Terminal entfernt ist nämlich eine Haltestelle für Kleinbusse nach Desaguadero. Das die Stadt an der Grenze zwischen Peru und Bolivien. Diese Kleinbusse fahren los, wenn sie voll sind. Hier musste wir also nicht lang warten und schon gings los an die Grenze.
Dort angekommen, haben wir dann erstmal Geld gewechselt. Und dann hieß es: Grenze überschreiten – zu Fuß ging es über eine Brücke nach Bolivien – doch so einfach sollte das nicht werden. Kurz vor Betreten der Brücke wurde ich von einem Polizisten angequatscht: „Hast du Drogen dabei?“ – „Nein.“ – „Nichtmal ein kleines bisschen?“ – „Nein, gar nichts.“ – „Komm mal kurz mit.“ Na suuuper, da wird man doch kurzerhand verdächtigt, Drogen zu schmuggeln. Aber gut, dachte ich, die Herren machen ja auch nur ihre Arbeit. Ich ging also mit auf die Wache. Dort wurde mir dieselbe Frage noch einmal gestellt: „Hast du Drogen?“ – „Nein.“ Doch dann plötzlich: „Hast du Geld?“ Ääähm.. Moment mal. Was soll das denn jetzt? Korruption – auch (oder vor allem?) unter Polizisten – ist leider immernoch ein großes Problem hier in Peru. Ich sagte nur: „Nicht viel, nur Kleingeld, die anderen sind gerade beim Geld wechseln, ich hab fast nichts.“ – „Na gut, dann lass mal dein Gepäck sehen.“ War die Antwort. Also wurde mein Gepäck durchsucht und letztendlich wurde ich für sauber erklärt und durfte die Grenze passieren.
Doch die Reise ging noch lange nicht weiter. Erstmal mussten wir durch „Migraciones“, also nach Bolivien einreisen. Papierkram, kurzer Pass-Check und – tadadadaaa: Da war er, der Stempel in meinem Pass – die Reise konnte weitergehen :)

Die Grenze: Peruanische Seite ...
... und bolivianische Seite
Blick auf La Paz aus dem Kleinbus
Von Desaguadero ging es, wieder mit einem Kleinbus, weiter nach La Paz. Leider saßen wir ganz hinten. Leider, weil dort wenig Platz für den Kopf war und so wurden unsere Mitfahrer mehrmals von einem lauten „Au, verdammt!“ aus ihren Tagträumen gerissen. Letztendlich haben wir uns aus Schals Turbäne gemacht, um nicht total verbeult anzukommen. Nach etwas weniger als 2h kamen wir dann endlich an. Aus der Ferne sieht La Paz echt schön aus. Die Stadt liegt in einem Tal, hat sich inzwischen jedoch auch auf die angrenzenden Berghänge ausgedehnt. Heute hat die Stadt also die Form eines Tellers. Aber als wir dann in die Stadt hineingefahren sind, wurde uns schnell klar, dass La Paz an sich nicht sehr schön ist. An der Endhaltestelle angekommen, sind wir mit dem Taxi ins Zentrum gefahren und haben ein Hostel gesucht. Danach ging es Mittagessen und am Abend sind wir dann noch in den Gässchen herumgeschlendert. Das tolle an La Paz ist, dass es dort sehr viele Märkte gibt und – was es noch toller macht – es ist sehr billig dort :)
ein schönes Eckchen in La Paz :P
bei Nacht
Wir haben also schon erste Schätze erworben und erfahren, dass es jeden Morgen von ca. 6 – 9 Uhr ein großer Kleidungsmarkt gibt. Das wollten wir uns nicht entgehen lassen!
Zurück im Hostel wurde also der Wecker (in diesem Fall mein Handy) auf fünf Uhr morgens gestellt. Der Zeitunterschied zwischen Peru und Bolivien ist eine Stunde. Mein Handy war auf die peruanische Zeit eingestellt, sollte uns also um sechs Uhr bolivianische Zeit wecken.

Am nächsten Morgen wurden wir durch das Handyklingeln geweckt, quälten uns aus dem Bett, zogen uns warm an (denn es war verdammt kalt!) und dann gings los. Am „Markt“ angekommen dann die Überraschung: Es war niemand da, die erste Verkäuferin hat gerade ihre Sachen angeschleppt. Die haben wir dann gefragt, warum noch niemand da ist. Sie meinte nur: „Es ist doch noch früh!“ Okay, dachten wir, die habens eben auch nicht mit der Pünktlichkeit.. Als nach 10min immernoch niemand kam, kamen wir ins Zweifeln und beschlossen, nach der Uhrzeit zu fragen. Es war gerade mal halb 6!!! Mein altes Handy, das nichtmal Fotos machen kann geschweige denn Internet hat, hat sich von alleine umgestellt!!!! Naaa super, es war stockdunkel, kalt und weit und breit kein Markt. Also beschlossen wir, wieder ins Hostel zurück zu gehen, eine halbe Stunde zu schlafen, zu frühstücken und dann wieder zurück auf den Markt zu gehen. Und das war die beste Idee. Denn als wir zurückkamen, war das Marktleben in vollem Gange. Die Händler hatten ihre Waren ausgepackt und es gab Kleidung aller Art. Auch hier war mein Versuch, Schuhe zu kaufen, leider erfolglos. Meine Füße sind für lateinamerikanische Verhältnisse einfach zu groß. Aber dafür war ich in Sachen Jacke umso erfolgreicher und habe einen tollen Mantel erstanden. Gegen halb zehn wurde der Markt dann von der Polizei aufgelöst. Verkauft wurde nämlich direkt an der Straße und mit zunehmendem Verkehr wurde das dann auch zunehmend gefährlicher. Mittags haben wir dann noch weitere Märkte besucht, denn das hat es in La Paz wie gesagt wirklich viele. In der Nähe unseres Hostels war der Hexermarkt. Ein Markt, auf dem man neben gewöhnlichen Artesanias auch allerlei Heilmittelchen und Talismane kaufen kann.
Am Nachmittag mussten wir dann schon wieder die Heimreise antreten. Es ging mit dem Kleinbus nach Desaguadero. An der Grenze haben wir erfahren, dass am nächsten Morgen ein großer Markt in der Stadt sein wird. Außerdem war es schon 19 Uhr. Also beschlossen wir, die Nacht in Desaguadero zu verbringen. Am nächsten Morgen haben wir uns dann sehr früh in das Markttreiben in der Grenzstadt gestürzt. Die Preise wurden jeweils in Soles (Peru) und Bolivianos (Bolivien) angegeben und auch hier war es echt billig. Um zwei Pullis reicher ging es dann gegen neun Uhr morgens Richtung Puno. Und von dort zurück nach Arequipa.

Und ein schöner Wochenendtrip voller Märkte ging zuende… (Ich hätte euch gerne Bilder von den Märkten gezeigt, da dort jedoch auch Taschendiebe unterwegs sind, haben wir den Foto lieber im Hostel gelassen).