Das beschreibt wohl ziemlich gut mein letztes Wochenende.
Da am Donnerstag Feiertag war und am Freitag dann eine Art Brückentag,
hatten wir ein verlängertes Wochenende – und das haben wir natürlich genutzt.
Wir waren drei Tage wandern im Cañon del Colca, der zweittiefsten
Schlucht der Welt (um einiges tiefer als der Grand Canyon). Neben dem Cañon del
Colca (Colca-Schlucht) gibt es noch das Valle del Colca (Colca-Tal), das vor
allem zu landwirtschaftlichen Zwecken genutzt wird.
Da man uns mehrfach davon abgeraten hat, den Cañon auf eigene Faust zu
erkunden, haben wir uns entschieden, eine organisierte Tour mitzumachen.
Am Freitag um 2.40 Uhr morgens gings mit dem Taxi ins Zentrum Arequipas
und von dort mit dem Bus weiter.
Nach einem kleinen Zwischenstopp in Chivay mit Frühstück gings weiter
zum Cruz del Cóndor, einem Aussichtspunkt, der den perfekten Blick auf die
Kondore bietet, die täglich die erste schwache Morgenthermik zwischen acht und
zehn Uhr nutzen, um am Rand des Cañons zu kreisen.
Dort erwarteten uns bereits jede Menge Touristen, die alle einen Blick
auf einen Kondor erhaschen wollten.
Als gegen halb 9 der erste Kondor kam, ging ein Raunen durch die Menge
und die Kameras wurden gezückt. Anfangs musste man noch kräftig zoomen, da die
Kondore weit weg waren, doch gegen neun sind sie dann direkt über uns gekreist.
Das war echt richtig eindrucksvoll – Kondore haben nämlich eine
Flügelspannweite von bis zu 3,50m.
Man konnte fast den Eindruck bekommen, sie seien darauf trainiert, den
Touris eine Attraktion zu bieten. Aber nein – sie leben in freier Wildbahn und
kreisen eben täglich um dieselbe Uhrzeit am selben Ort herum.
Wir hatten richtig Glück, manchmal kommen nur wenig Kondore, die weit
weg bleiben, aber am Freitag haben sich ganze 13 Kondore blicken lassen und
zwar wirklich direkt über uns.
Ich war so fasziniert, dass ich ganz vergessen hatte, noch aufs Klo zu
gehen. Das stellte sich als Fehler heraus, denn nach kurzer Weiterfahrt wurden
wir mitten im Nirgendwo in 3290m über dem Meeresspiegel aus dem Bus geworfen
und sind losgelaufen – weit und breit kein Plätzchen, an dem ich mich hätte
erleichtern können :D
Die erste Etappe bestand aus einem dreistündigen Abstieg (knappe 1300
Höhenmeter ziemlich steil im Zick-Zack bergab), der in San Juan de Chucco, einem
kleinen Dörfchen, endete. Unten angekommen haben mir dann etwas die Beine
gezittert :D
Zum Glück haben wir eine Pause gemacht, denn es gab Mittagessen.
Gestärkt ging es danach weiter – eine Stunde bergauf.
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Vamos - los gehts! |
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unsere Unterkunft in Cosñirhua |
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das Dörfchen |
Am nächsten Morgen ging es gegen neun Uhr weiter. Der zweite Tag war
total entspannend :)
Es ging eine Stunde mehr oder weniger eben voran (laut unserem Guide
„peruvian flat“ – das peruanische Flach, also im Schnitt weder hoch noch
runter, aber eben auch nicht ganz flach. Für die Mathefreaks ein Stichwort:
Sinuskurve :D) und dann noch eine Stunde runter. Und dann waren wir auch schon
da – im Paradies :)
Das zweite Etappenziel war Sangalle, eine Oase mitten im Cañon.
Wir hatten einen kleinen Bungalow und es gab einen Pool. Das Wasser im
Pool kam, wie auch das Wasser aus den Duschen, von einem nahegelegenen
Wasserfall und war dementsprechend nicht wirklich warm. Bei der Hitze, die
mittags im Cañon herrscht, war das aber eine willkommene Erfrischung.
Der Pool wurde also den Mittag über natürlich ausgiebig genutzt und
neben einem Volleyballspiel haben wir uns vor allem ausgeruht (was für den
nächsten Tag auch dringend nötig war!).
Abends haben wir dem Guide beim Kochen geholfen (die Guides bekochen
ihre Gruppen immer selbst) und konnten so von einem anderen Guide etwas
Schokopudding abstauben – ich bin mir sicher, dass mir das die nötige Energie
für den kommenden Tag gegeben hat :D
Nach dem Essen sind wir dann auch bald ins Bett, denn erstens gibt es
in Sangalle keinen Strom, wir mussten uns also mit der Taschenlampe
weiterhelfen und zweitens gings am nächsten Tag bereits um 5 Uhr morgens los.
Ihr fragt euch jetzt vielleicht, warum so früh. Die Erklärung ist ganz
einfach: Die dritte Etappe bestand aus einem etwa dreistündigen Aufstieg! Und
das Ziel ist, vor der Sonne oben anzukommen. Denn in der Sonne wird es schnell
unerträglich heiß und der Berg bietet fast keinen Schatten.
Diese dritte Etappe war die, vor der ich die ganze Zeit Angst hatte :D
Nachdem wir ja am ersten Tag 1300 Höhenmeter abgestiegen sind und den
Aufstieg der dann noch folgte am zweiten Tag wieder abgestiegen sind, lagen am
Sonntag 1300 Höhenmeter im Zick-Zack steil bergauf vor uns.
Es gab auch die Möglichkeit, diesen Aufstieg auf dem Rücken eines
Maultiers zu machen, aber dazu war mein Ehrgeiz dann doch zu groß (und nachdem
ich gesehen habe, wie wackelig manche Leute auf diesen Tieren saßen, wie stur
manche Maultiere sind und wie die Maultiere die Kurven nehmen, war ich
heilfroh, dass ich auf meinen eigenen Füßen stand).
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Der Aufstieg begann im Mondschein ... |
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... was uns einen tollen Blick auf die aufgehende Sonne ermöglichte |
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immer weiter, immer weiter :D |
Der Aufstieg war zwar echt hart, aber das Gefühl, oben angekommen zu
sein und ALLES alleine geschafft zu haben, war genial! Und dann noch die ersten
Sonnenstrahlen auf der Haut zu spüren – ein Traum :)
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GESCHAFFT! - im wahrsten Sinne des Wortes :) |
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unsere Gruppe |
Nach einem kurzen Päuschen ging es weiter nach Cabanaconde, einem
weiteren Dörfchen im Cañon. Dort gab es Frühstück. Außerdem endete die Tour dort,
denn von dort ging es mit dem Bus zurück nach Arequipa.
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Cabanaconde |
Mit fünf Zwischenstopps – dem ersten bei einem Schwimmbad mit Wasser
aus Thermalquellen (das heiße Wasser war für die strapazierten Muskeln total
entspannend), dem zweiten zum Mittagessen in Chivay (ein riesiges Buffet mit
vielen typischen Gerichten. Es gab wirklich ALLES! Von Suppe über Eintopf,
verschiedene Beilagen, verschiedene Fleischsorten, wie Alpaka oder
Meerschweinchen, Salaten bis hin zum Nachtisch – da waren die Pfunde, die man
während der Tour abgewandert hat schnell wieder drauf :D).
Der dritte
Zwischenstopp war an einem Aussichtspunkt, von dem aus man einen wundervollen
Blick auf die Terrassen im Valle del Colca hatte. Die Terrassenbauweise
ermöglicht es den Menschen, auch noch in dieser Höhe (über 3000m), Dinge wie
Kartoffeln oder Reis anzubauen, da sich die Wärme an den Wänden der Terrassen aufstaut
und so nicht verloren geht. Dies wurde bereits von den Inkas genutzt.
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Die Terrassen-Bauweise |
Der vierte Stopp war dann auf dem höchsten Punkt im Colca – auf 4910m.
Dort konnte man ganz viele Männchen aus Stein sehen. Diese werden von den
Touristen gebaut und sollen – wenn sie stehen bleiben – Glück für die nächste
Reise bringen. Wir haben natürlich auch gleich eins gebaut :)
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viele, viele Steinmännchen ... |
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... und unser Steinmännchen :) |
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hoch hinaus - ich auf 4910m üNN |
Der letzte Stopp war dann bei einer Lama- und Alpaka-Herde und dann
waren wir auch schon wieder in Arequipa.
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die Lama- & Alpakaherde im Hintergrund |
Was mir noch zu sagen bleibt:
Danke an meine Sprachkenntnis!
Wir waren zu siebt unterwegs – zwei Schweden, zwei Iren, Lara, ich und
unser Guide. Die Sprache in der Gruppe war Englisch. Und glaubt mir, ich war
erschrocken, wie schlecht mein Englisch inzwischen ist. Einmal war ich der
festen Überzeugung, Englisch zu reden. An den Blicken der anderen konnte ich
aber erkennen, dass das nicht der Fall war. Ich hatte die ganze Zeit Spanisch
geredet :D
Und als ich gefragt wurde, wie alt ich denn sei, habe ich spontan mit
"thirtyeight" (achtunddreißig)geantwortet :D
Am Ende unserer Tour hat das dann zum Glück wieder besser geklappt :)
Danke an meine innere Uhr, die mich nicht im Stich lässt, wenn es mein Wecker
tut.
Wir mussten am Sonntag ja früh raus. Leider war mein Wecker um diese
Uhrzeit wohl noch zu müde um zu klingeln. Jedoch bin ich wie durch ein Wunder
sechs Minuten nachdem er eigentlich hätte klingeln sollen aufgewacht :)
Danke an meine Taschenlampe, die in Sangalle auf einmal einen Wackelkontakt
bekommen hat (was nach den Gruselgeschichten, die unser Guide erzählt hatte
nicht gerade zu meiner Beruhigung beitrug :D).
Danke an Luis unseren Guide, der uns immer sehr lecker bekocht hat. Außerdem
hat er uns richtig viel über das Leben im Cañon erzählt – sowohl Flora und
Fauna als auch über das Leben der Menschen und die Probleme dieser. Es war also
auf jeden Fall eine gute Entscheidung, den Cañon mit einer organisierten Tour
zu erkunden – es war viel entspannter, den man musste sich um nichts kümmern,
hat neue Leute kennengelernt und nebenbei noch viele Informationen erhalten.
Und viel teurer als es uns alleine gekostet hätte war es auch nicht.
Danke an alle Verkäufer im Cañon für die überteuerten Preise (halber Liter
Wasser für 5 Soles statt normal 1 Sol - okay,
man muss das ganze Zeug ja auch erstmal irgendwie da runterbringen, aber glaich
5mal so teuer?!)
Und danke an meine Füße, die mich das Wochenende über getragen haben :)
Zum Schluss noch ein paar Bilder:
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unsere treuen Begleiter :) |
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die weißen Punkte sind kleine Tierchen und das rote ist deren Blut - aus diesem Blut werden z.T. Kosmetikprodukte wie Lippenstift hergestellt, außerdem nutzen es die Bewohner der Schlucht, um ihre Körper bei traditionellen Festen zu bemalen |
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aus dieser Pflanze wird Tequila hergestellt :) |
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ein kleines Dorf |
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bis vor einigen Jahren waren noch alle Dächer aus diesem Gras - jetzt wird mehr und mehr Wellblech verwendet, da es länger hält (der Nachteil: In der Regenzeit ist es in den Häusern verdammt laut) |
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so sahen unsere Wege aus :) |
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eine Frau in einer typischen Tracht mit einem Lama |
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die Bewohner der Schlucht gehen diesen Weg mehrmals die Woche mit ihren Maultieren hoch, um Dinge zu transportieren - so bleibt man fit :P |
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Auch die Schlucht ist von der globalen Erwärmung betroffen, es wird dort immer trockener und die Wasserreserven reichen oft nicht bis zur nächsten Regenzeit |
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Luis, unser Guide |
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diesen Weg mussten wir hoch... |
Inzwischen haben sich auch meine Muskeln wieder erholt und ich bin wieder fleißig am Arbeiten.
Saludos desde Arequipa (Grüße aus Arequipa),
eure Anne