Montag, 29. Oktober 2012

Spanische Tage in Peru oder mein erster Besuch

Am letzten Samstag war es endlich so weit: Mein erster Besuch aus Deutschland stand an :)
Am Samstagabend gegen viertel vor elf standen Lara und ich am Flughafen um Edi abzuholen.
Edi ist ein Mitglied meiner Trägerorganisation in Deutschland, also der Organisation, die das Projekt, in dem ich hier arbeite, ins Leben gerufen hat. Jedes Jahr im Oktober besucht jemand von der Organisation die Freiwilligen, um zu schauen, wie es uns in den Projekten geht und wie die Projekte laufen.
Eigentlich wollten dieses Jahr drei kommen, aber aus beruflichen Gründen war es zwei leider doch nicht möglich (Anne, Stephanie – ihr habt echt was verpasst! ;D).
Somit kam Edi alleine und wir hatten spannende Tage zu dritt.
Hier deshalb eine kurze Zusammenfassung dessen, was wir gemeinsam erlebt haben:
Wir haben…
… Jose und Carmen, eine befreundetes, spanisches Paar, das mit ihrem kleinen Sohn für drei Jahre hier in Arequipa wohnt, besucht und mit ihnen Mittaggegessen.
… unsere Gastfamilie besucht und ein sehr interessantes Gespräch über mögliche Ideen für die Zukunft des Projekts in La Mansión (Comedor) geführt.
… einen Tag an der Schule verbracht, geredet und Edi mit den Kindern zusammen englische Lieder vorgesungen.
… unsere Mentorin besucht.
… einen Tag in La Mansión verbracht (das Viertel, in dem der Comedor liegt). Dort hatten wir eine sehr interessante Versammlung mit den Müttern, in der es v.a. auch um die Zukunft des Projektes ging, in der aber der Spaß durch Video-Aufzeichnungen und Witze nicht zu kurz kam ;). Außerdem hat uns eine Mutter nach Hause eingeladen, das war sehr schön. Und.. es gibt noch eine andere Neuigkeit, die aber noch nicht druckreif ist. Sobald sich das ändert, werdet ihr die ersten sein, die es erfahren ;)
Wir hatten viel Programm, aber echt spannende, lustige und sehr interessante Tage! Am Ende eines jeden Tages war ich aber immer sehr müde und wollte nur noch ins Bett. Wie ist es dann wohl Edi ergangen, der – Jetlag sei Dank – morgens schon um vier aufgewacht ist?
Danke für all deine Energie, superinteressante Gespräche und Begegnungen und dass du trotz Jetlag immer voll dabei warst ;)
Ihr habt euch jetzt bestimmt schon gefragt, warum diese Tage spanisch waren. Und um damit den Bogen zur Überschrift zu schlagen, werde ich euch das natürlich erklären:
Wer Edi kennt, weiß: Er ist Spanier. Und Spanier reden ja bekanntlich Spanisch. (Welch sinnvoller Satz :D) Etwas Sprachkunde: Hier in Südamerika wird das sogenannte „castellano“ gesprochen, in Spanien „Spanisch“. Der Unterschied? Da gibt es einige, die auffälligsten: Die Spanier sprechen ein „c“ meist wie das englische „th“ aus und auch der Wortschatz unterscheidet sich teilweise. Außerdem reden die Spanier gefühlt doppelt so schnell (kleiner Scherz am Rande Edi ;) ).
Nach drei Tagen ging für Edi die Reise weiter, wir haben ihn zum Flughafen gebracht und dann war er auch schon vorbei, mein erster Besuch hier in Peru.
 
Bienvenido, Edi! - Willkommen, Edi!
Lara und ich bei Jose, Carmen und ihrem Sohn.



mit Edi vor der Kathedrale


Lara, Edi, die Direktorin der Schule und ich
Lehrer unter sich (Edi ist auch Lehrer)


und bei der Versammlung im Comedor

Freitag, 12. Oktober 2012

Ein Monat Schule etwas anders, oder auch: Lehrerstreik in Peru

Ja, ihr lest richtig. Ich habe gerade einen Monat Streik hinter mir. Aber nein – nicht ich, sondern die Lehrer haben gestreikt.  In ganz Peru war nämlich „huelga nacional“, also landesweiter Streik und zwar „indefinida“, also zeitlich unbefristet. (Zur Info: Nicht nur die Lehrer haben gestreikt, sondern auch die Dozenten und die Administration an den staatlichen Universitäten und die Ärzte an staatlichen Krankenhäusern. Mein Gastonkel hat kürzlich gemeint, es fehlen nur noch die Bus- und Taxifahrer und dann wäre das Land lahmgelegt. :D)
Die Lehrergewerkschaft SUTEP protestierte damit gegen ein neues Lehrergesetz (ihrer Meinung nach sind ihre Verbesserungsborschläge nicht ausreichend in die Gesetzesvorlage der Bildungsministerin eingeflossen) und forderte eine sofortige Erhöhung der Löhne, die Beibehaltung der Vergütung der Unterrichtsvorbereitungs-Zeit und – damit verbunden – eine Erhöhung der Bildungsausgaben auf 6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts außerdem z.B. noch kostenlose und hochwertige staatliche Schulen. Dazu müsst ihr wissen, dass die staatlichen Schulen hier in Peru einen sehr schlechten Ruf haben. Sie werden als sehr minderwertig angesehen und wer das Geld hat, schickt sein Kind auf eine private Schule. Aber eben nur, wer das Geld hat. Denn Privatschulen sind sehr teuer, somit bleibt den ärmeren Bevölkerungsschichten der Zugang zu guter Bildung verwehrt.
Das geplante Lehrergesetz „sieht eine Vereinheitlichung der verschiedenen Vertragsmodalitäten vor, in denen sich derzeit die Lehrerinnen und Lehrer befinden. So gibt es, je nach zum Zeitpunkt der Einstellung gültigem Recht, unterschiedliche Regelungen für Aufstieg und Bezahlung. Zudem werden – je nach angewandtem Recht – einmal nur die Dienstjahre, dann wieder spezielle Prüfungen, ein anderes Mal die Aus- oder Fortbildungen herangezogen, daneben existieren zahlreiche Mischregelungen. Durch das neue Lehrergesetz plant Bildungsministerin Patricia Salas eine Mischung, die allgemeine Gültigkeit haben soll.“ (http://www.infoamazonas.de/2012/10/01/peru-lehrergewerkschaft-sutep-seit-27-im-streik.html) Die Lehrergewerkschaft SUTEP wirft der Regierung jedoch vor, sie wolle damit nur Geld einsparen.

Begonnen hat der Streik dann am 5. September.
Und wenn die Lehrer streiken, müssen natürlich die Freiwilligen ran. :)
Natürlich haben die Schüler auch mitbekommen, dass die Lehrer streiken. Und wer geht schon zur Schule wenn die Lehrer nicht da sind? Die Antwort ist: Immerhin ein paar Kinder!
Da aber im Schnitt nur um die 15 bis 20 Kinder (von sonst über 50) gekommen sind, konnten wir keinen regulären Englischunterricht machen, also nicht groß Neues anfangen.
Es hieß also kreativ werden… Bisher gelerntes wiederholen; verschiedenste Spiele spielen; den Kindern beibringen, wie man Armbänder knüpft; Computer-Ag; Volleyball-Turniere auf dem Schulhof; Videos für unsere Partnerschule in Deutschland aufnehmen und vieles mehr.

Nebenher haben wir natürlich fleißig die Nachrichten verfolgt.
Der Streik hat sich folgendermaßen entwickelt:
Das Bildungsministerium hat den Streik für illegal erklärt und den Lehrerinnen und Lehrern mit Kündigungen gedroht.
Dennoch kam es dann Anfang Oktober zu ersten Gesprächen zwischen Gewerkschaftsvertretern und dem Bildungsministerium. Es gab wohl erste Annäherungen, jedoch erhält die Regierung ihre Drohung aufrecht.
Auch die Frage des Nachholens des verloren gegangenen Unterrichts wird besprochen, es steht die Idee im Raum, diesen im Januar (da wären normalerweise Sommerferien) nachzuholen.
Nach 27 Tagen Streik treten dann einige Lehrer in den Hungerstreik, man befürchtet eine zunehmende Radikalisierung des Streiks, die vor allem von dem radikalen Zweik der Gewerkschaft SUTEP angeführt wird.
Letztes Wochenende kam dann endlich die erhoffte Nachricht: Das Bildungsministerium hatte angekündigt, die Einkommenssituation der Lehrerinnen und Lehrer zu verbessern und der Streik wird beendet :)
„Man stehe weiter zu den Forderungen, sei aber dem Bitten von Eltern- und Schülervertretern nachgekommen, so SUTEP-Generalsekretär Renee Ramírez gegenüber dem Nachrichtensender RPP. Stärker wirkte aber wohl die Drohung des peruanischen Bildungsministeriums, das gestern angekündigt hatte, Lehrerinnen und Lehrer, die weiter streiken, für September und Oktober nicht zu bezahlen, sowie andere an ihrer Stelle einzustellen.“ (http://www.infoamazonas.de/2012/10/06/nach-einem-monat-perus-lehrer-beenden-streiks.html)
Jedoch streikt der radikale Zweig der Gewerkschaft weiter.

Am Dienstag waren dann endlich wieder alle Lehrer an der Schule. (Am Montag war Feiertag – einer von vielen hier im Land ;D)
Jetzt gilt es, den verpassten Unterricht wieder aufzuholen.
An meiner Schule sieht der Plan so aus: Es sind ca. 120 Stunden streikbedingt ausgefallen. Deshalb wird jetzt täglich zwei Stunden länger unterrichtet (wovon man bisher aber noch nichts bemerkt :D) und bis Ende Dezember wird wohl auch noch an ein paar Samstagen Unterricht stattfinden.
Damit müsste es eigentlich geschafft werden, wenn nicht, dann werden noch ein paar Tage in die eigentlichen Schulferien, also in den Monat Januar verlegt.
Ob der Plan so aufgeht wage ich zu bezweifeln, aber vamos a ver (wir werden sehen). ;)


Liebe Grüße aus Arequipa,

eure Anne

 
P.S. Noch eine kleine Geschichte zur allgemeinen Erheiterung:
Ich wurde kürzlich ich im Comedor von einem kleinen Jungen folgendes gefragt: „Señorita, en tu planeta también hay animales?“ (Señorita, gibt es auf deinem Planeten auch Tiere?) Worauf ein anderer mich ganz entgeistert gefragt hat: „Eres extraterrestre?“ (Bist du ein Außerirdischer?).
Da war die Erleichterung groß als ich lachend erklärt habe, dass ich zwar von einem anderen Kontinent, aber nicht von einem anderen Planeten komme. :)
 
Computer-AG
Die Kids sind einfach so kreativ, das ist echt bewundernswert! Hier haben sie sich aus einem Hüpfseil und einem Stück Holz eine Schaukel gebastelt.
Fußballspielen auf dem Schulhof
"Ochs am Berg"-Spielen, aber natürlich die englische Variante :D (man zählt ganz schnell auf zehn und dreht sich dann um)
Armbänder knüpfen
Seilspringen